Letzte Worte zu Transformers: Aufstieg der Bestien
Überraschung: Es gab sie! Diese erste Viertelstunde, als ich dachte, Transformers: Aufstieg der Bestien könnte mir ausnahmsweise sogar etwas gefallen. Als hätten sich die Macher tatsächlich einmal überlegt, was man an den meisten der Vorgängerfilme hätte besser machen können. Weniger überraschend: Ich war nach besagter Viertelstunde wieder genauso gelangweilt und entgeistert wie schon bei so vielen anderen Transformers-Kinofilmen.
Was zu Anfang des Films noch Hoffnung macht:
Die neuen Hauptfiguren Noah Diaz (Anthony Ramos) und Elena Wallace (Dominique Fishback) sind endlich mal einigermaßen normale Menschen, mit einigermaßen glaubwürdigen Problemen, die nicht so wirken, als würden sie nur fürs Publikum ständig alberne Dinge tun und überdrehte Kommentare abgeben.
Wie schon bei Bumblebee produziert Michael Bay zwar noch, führt hier aber nicht mehr selbst Regie. Ästhetische Entscheidungen aus der untersten Proletenschublade fehlen genauso wie wirre Kamera-Drohnenflüge und noch verwirrendere Schnittmontagen. Wir haben es mit einem angenehm normal mitverfolgbaren Film zu tun, der weder totale Fremdscham noch Motion Sickness provoziert.
Frühe (!) Actionszenen in einem Museum überzeugen mit erkennbar realen Explosionen (das machen Michael-Bay-Produktionen ja eh meistens ziemlich gut).
EINE sehr gut inszenierte Autoverfolgungsjagd auf Straßenlevel ergänzt verspielt die besonderen Fähigkeiten des Transformers Mirage mit der Tatsache, dass er dennoch gerade so halb undercover noch als Auto getarnt vor menschlichen Polizisten auf der Flucht ist. Das sieht aus wie mit echten Stuntleuten und Fahrzeugen gedreht und da wo es passt durch Computereffekte ergänzt. Ganz so, wie ich es bei Fast & Furious 10 gerne gehabt hätte. Dass Mirage als eigentlich “guter” Autobot bei der ganzen Aktion, ohne jeden Zweifel, mehrere unschuldige Menschen mindestens grob fahrlässig tötet… darüber müssen Zuschauer zugunsten des Spektakels beide Augen (und die ihrer Sitznachbarn) zudrücken können.
Wie die Transformers dann alles zertrümmern:
Sobald die restlichen Transformers auftauchen und spätestens, sobald die titelgebenden Beasts, also große Tierroboter, ins Geschehen eingreifen, bleibt kaum… beinahe gar nichts mehr von all dem oben im Text gelobten übrig.
Beide menschlichen Protagonisten sind augenblicklich überflüssig, sobald Optimus Prime, Bumblebee & Co. die Bühne betreten. Weder die Transformers, noch der Plot des Films haben im Folgenden sinnvolle Verwendung für Wallace und Diaz. Als Archäologin darf Wallace immerhin noch etwas Exposition liefern und Symbolrätsel lösen, diese Funktion hätte jedoch genauso gut jeder der Bestienroboter ausfüllen können.
Zwar versucht Aufstieg der Bestien uns weiszumachen, Diaz sei wegen seiner Verbindung zum Autobot Mirage eine wichtige Figur. Diese hastig gestrickte Beziehung hat sich das Drehbuch aber nie überzeugend verdient. Nichts, was bis zum Ende des Films passiert, hätte ohne die beiden menschlichen Helden nicht fast identisch ablaufen können. Die Handlung wäre wahrscheinlich sogar etwas logischer und vor allem sehr viel kürzer gewesen.
Früh verlassen wir Brooklyn als belebte Großstadt, die bloß als Einstiegsort diente. In Peru gibt’s fortan nur noch (beinahe) unter sich kämpfende Roboter in generischem Dschungel, auf leeren Wiesen, öden Staubebenen und rund um irgendwelche unbelebten Transformers-Strukturen aus dem All. Dunkelgrün, Braun und Silbergrau dominieren die Farbpalette.
Die weiten Landschaften sind an und für sich ja wunderschön, jedoch als Bühnen für riesige Actionsequenzen schnell ausgereizt. Besonders wenn sie beim Finale mit Horden mechanischer Imps gefüllt werden, die an Ultrons Kanonenfutter-Armee aus dem zweiten Avengers-Film erinnern.
Spektakuläre, erinnerungswürdige, individuell gestaltete Action-Set-Pieces werden den ganzen Film über so klein geschrieben, dass als Storyboards vermutlich Render-Trailer für irgendein Transformers-Free-to-Play-Mobile-Game gedient haben. Neben Hochglanz-Touristik-Werbespots des Landes Peru.
Die visuellen Effekte sind technisch gewiss nicht schlecht, nur haben wir sie zu ähnlich schon zu oft und woanders auch schon etwas besser gesehen. Wem das genügt, bitte schön. Aber kriegt bitte keinen Kulturschock, wenn ihr euch anschließend in das visuell-kreative Feuerwerk eines Spider-Man: Across the Spider-Verse in einem der Säle nebenan verirrt.
Alles, was die Transformers sagen und tun, ist (weiterhin) unfassbar hohl. Auf redundanteste Weise dreht sich insbesondere der ach so weise Autobots-Chef Optimus Prime immerzu im Kreis, irgendwas mit Heimat zu grummeln, und dann wieder laut zu brüllen, dass er sein aktuelles Gegenüber von der gegnerischen Fraktion jetzt umbringen wolle. Der böse Transformer sagt meistens seinerseits, dass er Optimus Prime nun gleich töten, sprengen oder zerfetzen werde. Und das sagen sie sich so gegenseitig immer weiter, während sie kämpfen. Erkenntnisgewinn gleich null. Wortwitz aber auch. Und das fällt umso stärker ins Gewicht, wenn es eben kaum noch menschliche Charaktere im Getümmel gibt und sich die reinen Transformers-Szenen entsprechend häufen.
Irgendein großer Weltenzerstörer aus dem All. Kämpfen, kämpfen, kämpfen, bumm, bumm. Wenn es um Story geht, haben sich vorherige Transformers-Filme zumindest ein wenig Mühe gegeben, Schauplätze zu variieren und ihren schlechten Plot mit Dingen zu füllen, die es entlang der ständigen Scharmützel herauszufinden oder zu absolvieren gab. Selten mehr, meistens weniger gelungen. Aber der Versuch war da! Den Autoren von Aufstieg der Bestien hingegen genügen ein, zwei McGuffins, denen unsere Helden nicht einmal wirklich hinterher jagen müssen. Auf sechs mal Magerkost folgt im siebten Gang also ein beinahe leerer Teller.
Eine sprechende Eule sagt: “Dieses Ding, das darf der Böse nicht bekommen, sonst können wir ihn nicht mehr aufhalten.” - Kurz darauf holt sich der Böse das Ding und die Eule sagt: “Jetzt ist es zu spät und es gibt keinen Weg mehr, ihn aufzuhalten.” - Um gleich im Satz danach hinzuzufügen: “Aber es gibt noch einen Weg, ihn aufzuhalten.” - Und dann wird weiter gekämpft. Weil irgendwas mit Heimat. So etwas stumpfes kann natürlich auch Spaß machen, wenn es sich tonal nicht derart ernst nehmen würde, wie Aufstieg der Bestien es über mehr als zwei Stunden lang äußerst langweilig macht.
Some might consider this SPOILERS:
Für einen Moment dachte ich, schwer gelangweilt im Kinosessel auf das Filmende wartend, dem neuen Transformers schlussendlich doch noch etwas gutes abgewinnen zu können. Das US-Militär spielt in Aufstieg der Bestien überhaupt keine Rolle. Waren die meisten Vorgängerproduktionen noch pro-militärische Werbespots, von echten Flug- und Fahrzeugen der amerikanischen Streitkräfte unterstützt und mit martialischen Bildern wehender USA-Flaggen im goldenen Sonnenschein geschmückt, bietet uns Regisseur Steven Caple jr. (Creed II) hier auf den ersten Blick nur harmlose Actionfiguren-Logik ohne Hintergedanken.
Die Bonusszene zum Schluss hat mich dann aber an den Filmbeginn erinnert. Wenn wir Noah Diaz und dessen Umfeld kennenlernen, mit kleinem kranken Bruder und verarmter Mutter in heruntergekommenem Apartment, ist er verzweifelt auf Jobsuche, wird dabei unfair behandelt und ist durch prekäre Verhältnisse ohnehin gehandicapt. Spätestens mit Auftauchen von Diaz’ Autodieb-Kollegen kamen bei mir sogar kurz ein wenig Blindspotting-Vibes auf. All das lässt Aufstieg der Bestien dann den restlichen Film über links liegen, damit Roboter sich in Peru um den Untergang der Erde kloppen können.
Nach Diaz’ Rückkehr zu seiner Familie wird er - erneut SPOILER-WARNUNG - von einem Regierungsagenten kontaktiert, der ihn für Hasbros anderes großes Spielzeug- und Leinwand-Franchise G.I. Joe rekrutieren möchte. Man habe wohl mitbekommen, dass er da in Peru ganz gut mitgekämpft und die Welt gerettet hat. Krankenversicherung für die ganze Familie? Behandlung für den Bruder? Ist geregelt. Diaz freut sich, seine Probleme sind gelöst. Und es bleibt die Message hängen, wenn du für dein Vaterland im Ausland zur Waffe greifst, ist das System überhaupt nicht so rassistisch und unfair wie du immer dachtest. Es wird dich reich belohnen, wenn du es nur wirklich willst. Also denk jetzt einfach mal nicht mehr an gestern, sondern sei besser bereit zum Kämpfen, wenn die ausländ… ähm… außerirdischen Terroristen wiederkommen.
Grundsätzlich zum Besseren verändert wird hier nichts und Protagonist Diaz’ hat im klassischsten Sinne vergessen, woher er kommt. Abgelenkt vom großen Kampf um die Erde hat er zum Schluss doch nur den Status-Quo verteidigt. der ihn vorher so arg hat hängen lassen. Er hat sich zum nützlichen Idioten der etablierten Mächte gemacht, die ihn im Anschluss mit ihren grenzenlosen Ressourcen locken, weiter für sie zu Felde zu ziehen.
Es ist schade, aber nicht überraschend, dass der neue Film einer Reihe mit “Trans” im Titel zwar erstmals farbige Hauptfiguren aufbietet, sich jeder Ansatz von gesellschaftlichem Kommentar oder gar progressivem Denken im Endeffekt jedoch als False Flag herausstellt. Schade, weil der Film zu Beginn durchaus andere Hoffnungen weckt. Nicht überraschend, da auch dieser Transformers-Film ja in erster Linie eigentlich nur existiert, um neue Versionen altbekannter Spielzeuge in den Verkaufsregalen wieder und wieder und wieder für möglichst große, konsumorientierte Zielgruppen attraktiv zu halten, die besser einfach gar nicht zu viel über sich selbst oder die Welt nachdenken sollen.
Links & Videos zum Artikel
Die Letzte Filmkritik - Transformers 5
Die Letzte Filmkritik - Bumblebee
Sundance-Filmkritiken u.a. mit Blindspotting