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Jason Bourne: Stress ohne Grund

Die Kamera verwackelt, der Schnitt verwirrend, die Action rar gesät... aber lassen wir das Offensichtliche mal beiseite. Jason Bourne ist in erster Linie kein guter Film, weil eben dieser Jason Bourne längst keinen Grund mehr hat, in sein altes Mi­li­eu zurückzukehren.

"Ich erinnere mich an alles." - Regisseur Paul Greengrass schrieb erstmals hauptverantwortlich am Drehbuch und dass er seinen dritten Film der Reihe mit diesen Worten beginnen lässt, grenzt an Selbstironie. Denn so ist es ja auch. Captain David Webb alias Jason Bourne hat in Das Bourne Ultimatum alle roten Fäden zu Ende verfolgt, seine Vergangenheit aufgearbeitet, alle Widersacher beseitigt und die Verschwörung hinter dem Treadstone-Programm sogar noch öffentlich gemacht. Das ist mit Sicherheit weit mehr, als Bourne sich vorher selber zugetraut hätte.

Wie wir jetzt erfahren, lebt er seitdem ein ziemlich albernes Leben als Gossenkämpfer unter spartanischen Verhältnissen. Etwas ab vom Schlag, er möchte halt nicht gefunden werden. Und dann wird er eben doch gefunden. Eine alte Freundin bittet um Hilfe, betont es wäre sehr wichtig und könne Bourne nicht egal sein, wenn er erst einen Blick auf ihre geheimen Daten werfe. Und er? Sagt ohne nachzudenken nein. Betont seinerseits, es wäre ihm sowieso nichts Wert und er ziehe, nach allem was er hinter sich hat, das Leben im Verborgenen vor. 

Der Film macht hier noch mal klar: Ja, Bourne hat nach Teil drei wirklich mit allem abgeschlossen, nicht mal seine Ex-Geliebte in Not und die USA in Gefahr können ihn vom Gegenteil überzeugen. Und von da an versucht Greengrass vergeblich krampfhaft, seinem Protagonisten doch noch irgendwie einen nachvollziehbaren Grund zu geben, sich wissentlich in die alte Position des gejagten Jägers zu begeben.

Das tut Bourne dann natürlich trotzdem und es gibt durchaus ein paar plakativ vorgeschobene Gründe. Die sind jedoch so billig an das bisher geschehene angeheftet, dass ich mir die Zeit zurückwünsche, in der es noch klar und einfach hieß: "Wer ist Jason Bourne?" - Als es noch von vornherein offene Fragen zu klären gab und keine überflüssigen mehr hinzugedichtet werden mussten. Als Bournes Gegenüber im eigentlich gar keine Wahl ließen, als aktiv zu bleiben. Nun hat er mehrmals die Wahl, wirkt nicht so als wolle er mitmachen, scheint sich aber seiner Pflicht als Filmfigur bewusst zu sein, den Worten des Drehbuchautoren und damit jeder noch so hanebüchen gestreuten Motivation ins Blaue folgen zu müssen. 

Die Buchreihe von Robert Ludlum habe ich nie gelesen, ich weiß nicht ob sich das verfilmte Material noch immer oder überhaupt jemals nach der Romanvorlage gerichtet hat. Als Filmuniversum war der Stoff definitiv fertig erzählt und holt jetzt weder seinen Protagonisten, noch mich als Zuschauer mit der nötigen Leidenschaft für eine Fortführung zurück ins Boot. Alle neu aufgebauten Antagonisten oder die große Bedrohung, um die es im Hintergrund gehen soll, sind nicht mehr als eine langweilige Light-Version dessen, was wir vorher schon in Bourne-Filmen erlebt haben. Wenn mich weder Gegenspieler noch Held in ihren Bann ziehen und mein cleverer Ex-Agent von früher dann am Ende zu allem Überfluss zum reinen Rache-Schläger á la Batfleck verkommt... macht sich bei mir etwas innerliche Wut breit. 

Bourne ist die längste Zeit eine große Ausnahme im Hollywood-Actionkino gewesen. Der Name stand mal für spektakuläre "believable" Action, die sowohl handwerklich als auch inhaltlich einen ganzen Zacken anspruchsvoller als Mission Impossible und Co. ist, gleichzeitig immer noch den Geschmacks des Mainstreams trifft. Für mich war das Besondere letztendlich auch, dass die Matt-Damon-Trilogie genau wusste, wann Schluss war. Diese erneute Fortsetzung der Reihe beweist nun leider, dass selbst die vermeintlich guten Leute in Hollywood wahre Meister darin sein können, ihre erstaunlich richtigen Entscheidungen ohne Not nachträglich katastrophal zu korrigieren. Um es mit den Worten des großen Harry Wijnvoord zu sagen: "Wenn der Preis stimmt!"